Schreibberatung, was ist das? Ein neues Coaching?

Schreibberatung unterstützt, klug und kreativ zu kommunizieren
Schreibberatung stärkt die Schreibfreude (stockphoto, www.pexels.com)

Wir schreiben alle tagaus, tagein: Einkaufslisten, Protokolle, Hausarbeiten, Angebote, Flyer, E-Mails, Grußkarten und vielleicht sogar Krimis oder Kurzgeschichten. Schreiben kann große Freude bereiten, wird aber ebenso oft als belastend empfunden und ist vor allen Dingen eins: eine ziemlich einsame Angelegenheit. Doch das muss nicht so sein.

Wer privat oder beruflich viel schreibt, kennt das Bedürfnis, sich mit jemandem auszutauschen, den Wunsch, ein kompetentes Feedback zum eigenen Schreibprojekt zu erhalten. Eine Schreibberatung (die kurzfristige Arbeit an einem konkreten Text) oder ein Schreib-Coaching (ein längerfristiges Training zur Optimierung des Schreibstils) leistet genau das und noch viel mehr. Beides ist ein Weg, um die Schreibfreude zu stärken.

Peer-Beratung: Viele Augen sehen mehr als zwei

Da wir in einer zunehmend komplexen Informationsgesellschaft leben, ist die Fähigkeit zu geschickter mündlicher und schriftlicher Kommunikation gefragter denn je. Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass ein guter Schreibstil der Karriere höchst zuträglich ist, während holprige, mühsam zusammengeschusterte Texte ein berufliches Vorankommen verhindern können.

In den Vereinigten Staaten  wurden die Risiken untrainierter „writing skills“ schon früher als bei uns erkannt und mit gezielter Schreibförderung im Bildungsbereich, vor allem im Kontext von Schule und Hochschule, angegangen. Das in den 1990er Jahren entwickelte US-amerikanische Konzept der Schreibberatung ist mittlerweile auch hierzulande adaptiert worden.

Diese Entwicklung bemerkt man auch daran, wie viele akademische Zentren zur Schreibberatung sich nicht nur hier in Köln, sondern überall in Deutschland in den letzten Jahren etabliert haben. Peer-Beratung auf Augenhöhe ist angesagt und mit witzigen, studentennahen Aktionen wie der „langen Nacht der (aufgeschobenen) Hausarbeiten“ wird den Schreibhemmnissen der Kommilitonen der Kampf angesagt. Je nach Uni inklusive knuspriger Pizza für das leibliche Wohl und spaßigem Unterhaltungsprogramm zur besseren Selbstmotivation.

Private Schreibberater*innen unterstützen auch beim Schreiben in Freizeit und Beruf

Eine noch recht neue Entwicklung ist das Angebot privater Schreibberater*innen. Sie unterstützen Ratsuchende nicht nur im universitären Bereich, sondern auch bei privaten oder beruflichen Texten.

In der privaten Schreibberatung kann jeder zu seinem Schreibprojekt eine zweite unvoreingenommene Meinung einholen. Die Aspekte, die begutachtet werden, liegen von dem gemeinsam festgelegten Schwerpunkt der Beratungsstunde(n) ab. Während sich alle Schreibberater*innen allgemein zum Schreibprozess äußern können, haben die meisten jedoch auch zusätzlich noch einen oder mehrere inhaltliche Themenbereiche, die ihnen besonders am Herzen liegen. Das ist nicht weiter verwunderlich, da nicht wenige über langjährige eigene Schreib-Erfahrung in einer bestimmten Disziplin verfügen. In dieser – wie etwa beim literarischen, autobiografischen oder journalistischem Schreiben – können sie Ratsuchende ganz besonders kompetent beraten.

Der Ratsuchende bestimmt den Schwerpunkt der Beratung

  • Je nach Anliegen kann zum Beispiel bei journalistischen Texten eine Rückmeldung darüber gegeben werden, ob der Text flüssig geschrieben und leserfreundlich konzipiert ist. Durch bestimmte Tipps und Tricks zur „guten Scheibe“ wird der Artikel (vielleicht durch eine noch fesselndere Schlagzeile) gemeinsam verbessert, sodass er die Leser noch geschickter zum Weiterlesen motiviert.

 

  • Handelt es sich um eine Stunde zum literarischen Schreiben (Autorencoaching), werden vielleicht bislang unbekannte Methoden zum Finden von Ideen vorgestellt oder Vorschläge zur stilistischen Optimierung einzelner Passagen unterbreitet.

 

  • Bei kreativen und autobiographischen Texten steht oft das entdeckende Schreiben, die gefühlsmäßige Entwicklung des Schreibenden, im Vordergrund. Mit behutsamen Impulsen werden bestimmte Themen schreibend reflektiert und verarbeitet.

 

  • Schreiben in einer Fremdsprache ist ein weiteres mögliches Beratungsthema. Es geht um Fragen wie diese: Welche Kompetenzen aus der Erstsprache kommen auch dem Schreiben in der Fremdsprache zugute und welche Besonderheiten der Zielsprache gilt es zu beachten?

 

  • Bei werblichen Texten für das Netz werden vielleicht Keywords überarbeitet und an der SEO gefeilt. Neben Suchmaschinen tauglichen Kriterien entscheidet beim content-management auch der richtige Ton über Erfolg und Nicht-Erfolg. Grundsätze der Kommunikationswissenschaft (wie beispielsweise der Unterscheidung zwischen Inhalts- und Beziehungsebene) finden sich auch online in entsprechend technikaffiner Ausführung (etwa beim CRM, dem Customer Relationship Management) wieder.

Doch egal, um welche Art von Text es geht, im Prinzip stehen Ratsuchenden zwei Typen von Ansprechpartnern zur Verfügung: Zum einen gibt es die „alten Hasen,“ die schon lange im Geschäft sind und eher pragmatisch aus ihrem Erfahrungsschatz heraus beraten, zum anderen die lizenzierten Berater*innen. Letztgenannte können aufgrund ihrer Ausbildung zusätzlich auch noch mit modernen didaktischen Fähigkeiten und einem mit vielfältigen modernen Schreibmethoden gefüllten Materialkoffer punkten.

Lizenzierte Schreibberater: Schulischer Rotstift ist „out“, nicht direktive Beratung „in“

Ziel der Schreibberatung ist es, den Ratsuchenden zu unterstützen und ihm oder ihr den Rücken zu stärken, indem Stärken gewürdigt und Schwächen optimiert werden. Rotstift und richtig/falsch-Bewertungen werden in diesem Prozess als wenig hilfreich angesehen, da sie leicht zu Blockaden führen können und dem Ratsuchenden nicht gerecht werden.

Es kommt gar nicht so selten vor, dass negative Schreiberfahrungen (manchmal noch aus der Grundschulzeit) den Zugang zur Schreibfreude verbauen. Während der Verfasser oder die Verfasserin noch an dem Rohtext, dem first draft, schreibt, meldet sich bereits schon der innere Zensor von früher und verhindert ein unbeschwertes Aus-dem-Bauch-heraus-Schreiben. Durch das gemeinsame Gespräch kann das Vergnügen am Schreiben gestärkt, neue Ideen entwickelt und der Schreibprozess auf die individuellen Bedürfnisse hin optimiert werden.

Statt Schreibende in ein Korsett zu zwingen, geht es im modernen Coaching um die Bewusstmachung von Ressourcen, der Hilfe zur Selbsthilfe. Schon das Sprechen über das Schreiben hilft dem Ratsuchenden dabei, seine Gedanken und Ziele zu klären. Die Schreibberater*innen kennen sich mit verschiedenen Schreibtypen und (ggf. textsortenabhängigen) unterschiedlichen Schreibstrategien aus. Dadurch kann der Text verbessert, der stockende Schreibprozess wieder angestoßen, die verloren gegangene Freude am Schreiben wiederbelebt werden. Denn machen wir uns nichts vor: Ganz egal, welche Art des Schreibens Ihnen am Herzen liegt oder Ihnen beruflich abverlangt wird, der Schreibprozess an sich ist heimtückisch, beinhaltet Höhen (den „Schreibflow“) und Tiefen (z.B. die sprichwörtliche Angst vor dem leeren Blatt). Darüber hinaus verfügt jede Schreibphase ihre ganz eigenen Fallstricke, die ganz schön frustrieren können. Zum Glück gibt es aber bewährte Methoden, diese zu „umschiffen,“ oder zumindest abzumildern.

Wie läuft eine Schreibberatungsstunde ab?

Anfangs schauen sich Schreibberater und Ratsuchender in der Regel gemeinsam den bisherigen Verlauf des Schreibprojektes, um das es geht, an. Im Vergleich von Ist- und Soll-Zustand überlegen sie, was genau der Verfasser oder die Verfasserin erreichen möchte und wie sich das am Geschicktesten methodisch umsetzten lässt. Dazu wird der Schreibberater vermutlich in seinen Materialkoffer greifen, um individuell auf den Ratsuchenden abgestimmte Methoden vorzuschlagen, die helfen, neue Ideen zu entwickeln, den Stoff logischer zu strukturieren oder Passagen so zu überarbeiten, dass sie stimmiger und ausdrucksstärker werden.

Literarische Schreibberatung: Die eigene Stimme beibehalten

Zum Schluss möchte ich noch auf einen speziellen Vorbehalt zu sprechen kommen, der bisweilen im Zusammenhang mit literarischem Schreiben geäußert wird. Manchmal haben Ratsuchende die Befürchtung, dass das Coaching eine Art externe Korrekturmaschinerie wäre, ein von außen ablaufender Prozess, nach dem man seinen eigenen Text nicht mehr wiedererkennen würde. Mit diesem Blogbeitrag habe ich diese Bedenken hoffentlich entkräftigen können. Während einer seriösen Beratung wird der Ratsuchende immer selbst entscheiden, welche Anregungen er oder sie umsetzt und welche nicht. Und das ist gut so, denn schließlich verfügt jeder Schreibende über eine einzigartige Art, sich und seine individuelle Sicht auf die Dinge auszudrücken. Und dieser unverwechselbare „Sound“ sollte gerade im kreativen Bereich unbedingt erhalten bleiben.

Weitere nützliche Informationen zur Schreibberatung finden Sie hier:

www. schreibberater.info

 

 

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